3. Fahrt nach Peretschin anlässlich von Dreharbeiten für die Aktion Sternstunden
Der Anruf am Freítagnachmittag kam von Dr. Ralf-Jürgen Schönheinz, einem Filmemacher, langjährigem Mitarbeiter des BR und Vorstandsmitglied der BOG: Fährst Du mit nach Peretschyn, die Aktion Sternstunden möchte einen Film über die Hilfsaktionen der BOG in den Westkarpaten drehen. Am Sonntagmorgen starteten wir bei Sonnenaufgang, wir hatten noch ein paar Kisten Lebensmittel und Süßigkeiten besorgt und meinen Golf mit Decken und Hygieneartikeln vollgepackt. Über Wien, Budapest überschritten wir den Grenzübergang Tschop und waren nach wenigen Kilometern in Uschgorod, der Hauptstadt Transkarpatiens. Überraschend für uns war, wie „normal“ das Leben scheinbar weiter ging: Viele Menschen auf der Straße, in den Geschäften, die Tankstellen waren offen, auch wenn oft der Preis für Diesel fehlte, es also offenkundig nicht zu bekommen war. Es war schon dunkel geworden, als wir Peretschyn erreichten. Herzlich aufgenommen wurden wir von Olga Barcak, der Schuldezernentin, ihrer Tochter Diana, deren Mann Mischa und dem Enkel Mark. Nachdem wir das Auto entladen hatten, war klar, dass wir nicht auf dem Boden, sondern auf einem großen Sofa und in einem eigenen Zimmer schlafen konnten. Gesprächsthema war natürlich der Krieg, im Hintergrund lief pausenlos der Fernseher mit neuesten Nachrichten. Am nächsten Morgen starteten wir mit Olga und der Kameraausrüstung in die erste Schule. Olga fragte die Menschen in den Klassenräumen, ob Sie einem Interview zustimmen. Die erste Frau konnte sehr gut Deutsch und schilderte, dass sie nicht weiß, wie es weiter gehen soll, alleinerziehend, mit einem gerade 18 jährigen Sohn. Sie stammt aus einem Vorort von Kiew, hat keine Verwandten im Ausland und ist verzweifelt, obwohl sie ein paar Sätze vorher ihre optimistische Grundeinstellung betont hatte. Wir stehen hilflos daneben, mit Tränen in den Augen, weil wir außer Mitgefühl nichts an ihrer Situation ändern können. Es folgen viele Interviews, auch mit Kindern, einer Krankenschwester, deren Inhalt ich nicht verstehe, weil ich die Sprache nicht kann, aus deren Mimik und Körpersprache ich aber die Verzweiflung und die Ängste vor der Zukunft erkennen kann. Anschließend fahren wir in einen Kindergarten, in dem über 40 Frauen und Kinder untergebracht sind. Wir werden dort mit einem Lied empfangen, das von Tränen und Umarmungen unterbrochen wird und mit dem sich die Geflüchteten Trost spenden. Was hat mich bei diesem Besuch und der Reise besonders beeindruckt? 1. Der starke nationale Zusammenhalt, die Überzeugung der Menschen für ihre Freiheit und ihr Land zu kämpfen und die Sicherheit nicht zu verlieren. 2. Die Traumatisierung der Menschen, deren Lebensgrundlagen von einem Tag auf den anderen zerstört wurden, die mit einer Tasche aufgebrochen sind und nicht wissen, ob von ihrer Wohnung etwas übrig geblieben ist. 3. Die Überzeugung, dass unsere Hilfe wichtig ist, dass sie den Menschen hilft, vor allem Menschen, die keine Fremdsprachkenntnisse oder Kontakte ins Ausland haben, einfache Menschen, die mit der psychischen und physischen Belastung nur schwer zurecht kommen. 4. Auch die Frage, ob man die Flucht ins Ausland unterstützen oder den „Binnenflüchtlingen“ helfen soll, hat sich für mich beantwortet: den Geflüchteten im Land zu helfen ist von zentraler Bedeutung, weil die Menschen nicht ins Ausland wollen, sie wollen so schnell wie möglich zurück in ihre Wohnungen. Der Film steht leider nicht mehr in der Mediathek. Bei Interesse melden Sie sich bitte mit unserem